Vorweg: Dieser Artikel hat nicht direkt etwas mit Business-Coaching zu tun – oder indirekt doch? Wenn es uns im Leben schlecht geht, wir mit Ängsten, Covid-19, Terror konfrontiert werden, dann beeinflusst das auch unser Business – menschlich und wirtschaftlich. Daher gibt es diesen Artikel nun doch in meinem Blog.
Was am 2. November 2020 in Wien passiert ist, lässt sich schwer in Worte fassen. Zu frisch sind noch die Eindrücke des Attentats im ersten Bezirk der Stadt, meinem Lieblingsbezirk, vor zwei Wochen und der Schock sitzt tief. Ich frage mich: Wie kann ich helfen, was kann ich tun? Was kann ich auch tun, um bestmöglich zu einer sicheren und stabilen Basis für die Menschen in Wien, in Österreich, in Europa und vielleicht sogar in der ganzen Welt beizutragen? Die Antwort, so viel steht fest, heißt sicher nicht, Wut oder Hass zu verbreiten. Die Zauberformel, um zu dieser feigen Tat (ja, auf friedliche Menschen zu schießen ist einfach nur feig!) ein Zeichen zu setzen, heißt: Angst abbauen, als Mensch zu den eigenen Werten stehen, sich nicht einschüchtern lassen und der fraglosen Feigheit keinen Raum geben.
Den sozialen Medien sei Dank (Achtung: Ironie!), dass wir in Echtzeit und mitten im Geschehen dabei sein können bzw. müssen. Als ich abends, am Tag des Attentats, das erste Mal auf einen Beitrag im Internet klickte, dachte ich mir: Hoffentlich müssen das keine Kinderaugen sehen. An dieser Stelle frage ich mich ernsthaft, ob diverse Medien und auch Mitbürger*innen jegliches Schamgefühl verloren haben und der Informationslust eine neue Ära eröffnen oder durch pietätloses Verhalten sowie mit aller Gewalt auffallen möchten. Abgesehen davon lässt sich nicht leugnen, dass sich ein bedrückendes gemischtes Gefühl aus Ohnmacht, Ungläubigkeit, Bestürzung und Angst breitmacht.
Angst – was ist das überhaupt? Es ist eine normale Reaktion auf etwas Unheimliches – wenn wir das Gefühl haben, ausgesetzt zu sein in der Welt. Oftmals kommt Angst mit einer psychischen Störung. Sie kann jedoch auch nützlich sein: Früher hätten die Menschen den Säbelzahntiger ohne Angst nicht überlebt, und noch heute warnt uns das Gefühl vor Risiken sowie Gefahren.
Das Wort „Angst“ stammt von dem griechischen Verb "agchein" und dem lateinischen "angere" ab; beide bedeuten übersetzt „würgen; die Kehle zuschnüren“. Angst kann lähmen, aber auch mobilisieren. Menschen, die sich unmittelbar in einer bedrohlichen Situation befinden, können Kräfte freimachen und zu Leistungen fähig sein, zu denen sie unter normalen Umständen nicht fähig wären. Aus den Nebennieren werden Hormone wie Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet, das Herz schlägt schneller und das Blut bindet mehr Sauerstoff. So ist der Körper besser in der Lage zu fliehen oder sich zu verteidigen und kann aufgrund der Warnfunktion lebensrettend sein (vgl. Althoetmar, online).
Unsere Grundwerte
In Social-Media-Postings, Zeitungsartikeln und Pressekonferenzen ist von einem Angriff auf die sozialen Grundwerte wie Toleranz, Freiheit, Sicherheit, gelebte Vielfalt zu hören und zu lesen. Oft wird heftig reagiert und es scheint, dass sich in der Gesellschaft zwei Parteien bilden: zum einen die Personen, die ihrer Wut freien Lauf lassen und fingerzeigend, ermahnend die vermeintlich Schuldigen festmachen; zum anderen die stillen Leser, die mitfühlend ihre Trauer bekunden und versuchen zu verstehen, nach Lösungen suchen.
Toleranz ist die Basis, damit Menschen friedlich miteinander leben können. Wir müssen nicht immer einer Meinung sein, und die Meinungsfreiheit ist eines unserer Grundrechte.
Freiheit ist die Fähigkeit der Menschen, selbstständige Entscheidungen zu treffen, ohne sich einem Zwang oder Druck durch andere Personen oder die Umstände beugen zu müssen.
Sicherheit ist das zweite Grundbedürfnis der Maslowschen Bedürfnispyramide und bezeichnet den Zustand menschlicher Individuen, der frei von Gefahren oder Risiken ist.
Gelebte Vielfalt meint kulturelle, Chancen- und Geschlechtergleichheit.
Emotionales richtig verarbeiten
Wie können wir nun das Erlebte verkraften? Was kann Menschen helfen, den emotionalen Brocken richtig zu verarbeiten und sich letztendlich nicht einschüchtern zu lassen?
An dieser Stelle möchte ich anmerken, dass ich keine Therapeutin oder Psychologin bin.
Jedoch denke ich, dass Dir folgende fünf hilfreiche Wege helfen können:
1. Ablenken:
Verliere Dich nicht in den Ereignissen – versuche, auf andere Gedanken zu kommen. Schaue bewusst keine angstmachenden medialen Berichte, sondern gehe, wenn möglich, wieder zu Deiner Tagesroutine über.
2. Reden:
Sprich über die Erlebnisse mit Freunden, Kollegen oder Familienangehörigen. Wichtig ist jetzt, über das Erlebte sachlich zu reden, es keinesfalls hinunterzuschlucken oder totzuschweigen. Wenn Du das Gefühl hast, dass Du es nicht allein oder in Gesprächen mit vertrauensvollen Menschen schaffst, nimm Hilfe an. Unter der folgenden Telefonnummer findest Du rund um die Uhr psychologische Unterstützung durch den Not- und Krisendienst: +43 1 31330. Bitte nutze diese Chance.
3. Auslass finden:
Gib Deiner Wut, Deinem Ärger ein Ventil, lass Dampf ab (bitte ohne jemanden zu verletzen), z. B. mit sportlicher Bewegung, einem Spaziergang an der frischen Luft oder beginne zu malen oder schreiben – bringe Deine Gedanken zu Papier (allerdings nicht in einem Wut-Posting in den Social Media) oder online in Form eines Podcast.
4. Zusammenhalten:
In einem Miteinander, durch gegenseitige Stärkung werden wir auch aus dieser Situation stärker hervorgehen. Gemeinsam Erlebtes schweißt zusammen, unabhängig von der Hautfarbe oder dem kulturellen Hintergrunds. Es hilft nichts, wenn nun die Mitbürger*innen aufeinander losgehen und sich gegenseitig beschuldigen.
5. Sich wieder freuen:
„Energy flows where attention goes“ (Tony Robbins) – dort, wo Deine Aufmerksamkeit liegt, geht Deine Energie hin. Achte auf Deine Gedanken, Worte und Taten. Hole Dir daher Deine Lebensfreude zurück, Schritt für Schritt. Schaue Dir einen humorvollen Film an oder lese ein spannendes Buch. Worauf hast Du Lust? Womit kannst Du Dich verwöhnen?
Fazit: Lasst uns gemeinsam sowie gestärkt aus dieser Krise herauskommen und jeglicher feigen Tat die Stirn bieten bzw. dem mehr Raum geben, was wir uns in unserem Leben wünschen: Sicherheit, Freiheit und Freude im Leben.
PS: Ein großes Dankeschön an alle Einsatzkräfte, welche tagtäglich ihr Leben riskieren, um für unsere Sicherheit zu sorgen. Vielen Dank.
Literaturquelle:
Althoetmar, K. online:
https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/psychologie/angst/index.html [abgefragt am 3.11.2020]
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